Höchste Zeit einmal einen Blick auf das nahezu unbekannte Arizona zu werfen. Große Namen wie Grand Canyon, Monument Valley sind in den Köpfen der Besucher allgegenwärtig. Aber Arizona hat noch viel mehr zu bieten. Die Sonorawüste birgt einen Schatz wunderbarer Naturerlebnisse und dazu Menschen, die ihre Gäste herzlich willkommen heißen.
Die Sonora Wüste Bild: Aniko Berkau
Die feuchteste Wüste der Welt
Die Sonorawüste bedeckt unter anderem den südlichen Teil Arizonas und erstreckt sich bis weit nach Mexiko. Sie ist die tiefgelegendste und auch heißeste der vier großen Wüsten Nordamerikas. Wir werden in Tuscon bei einer Temperatur von fast 40 Grad im Schatten willkommen geheißen. Mark, unser Fahrer, behauptet, dass die Sonora die feuchteste Wüste der Welt sei. Das liege an den zwei deutlich unterscheidbaren Regenzeiten im Jahr, die diesem trockenen Fleck der Erde mehr Niederschlag liefern als jeder anderen Wüste. Zwischen Dezember und März sowie Juli bis September kommen zwischen 76 und 500 Millimeter Regen zusammen. Das Wasser sickert in ein Trockenflussbett, das hier „wash“ oder spanisch „arroyo“ genannt wird und sammelt sich zwischen den felsigen Berghängen in kleinen Tümpeln. Indianische Ureinwohner haben sich schon vor langer Zeit hier niedergelassen und sich dem immer wieder stattfindenden Überlebenskampf angepasst. Wie zum Beweis zogen während unseres Aufenthaltes dunkle Wolken auf und haben einen herrlich erfrischenden Schauer auf die trockene Erde geschickt.
Die wahren Helden der Wüste
Der Saguaro Nationalpark befindet sich unweit der Stadt Tuscon. Soweit das Auge reicht stehen hier Kakteen wie Stecknadeln auf einem Nadelkissen. Hier ist die Heimat der berühmten Saguaro-Kakteen mit ihren ausladenden Armen, die es sonst nirgendswo auf der Welt gibt. Um sich einmal zu verzweigen und die typische Form eines Kerzenständers zu entwickeln, braucht der Kaktus mindestens 65 Jahre. Um die imposante Höhe von bis zu 24 Metern zu erreichen, muss er allerdings mindestens 100 Jahre alt werden. In der äußerst lebensfeindlichen Umgebung ist das ist eine lange Zeit. Die dornigen Riesen haben aber einige effziente Tricks entwickelt, um das weinige Wasser so gut wie möglich zu nutzen. Durch ein breites Wurzelwerk, das direkt unter der Erdoberfläche verläuft, können sie das Wasser schnell aufnehmen, bevor es in der Hitze verdunstet oder im Boden versickert. Eine tiefe Wurzel hält sie fest im Boden verankert und die Wasservorräte werden wie in einem Schwamm gespeichert. Bis zu zwei Jahre können die anspruchslosen Kakteen auf diese Weise ohne Wasser überstehen.
Saguaros – eine Kostbarkeit
Im Mai und Juni, den trockendsten Monaten, krönt sich der Saguaro als letzte Kakteenart im Jahr mit auffallend weißen Blüten. Jede Blüte öffnet sich erst in der Kühle des Abends und ist am folgenden Nachmittag schon wieder verwelkt. Mit ihrem Nektar bieten sie Vögeln, Insekten und Fledermäusen Nahrung. Im Gegenzug werden sie bestäubt und aus den Blüten entstehen saftige Früchte, die einer noch größeren Vielzahl an Lebewesen wie Leguanen und Füchsen Nahrung und Feuchtigkeit liefern. Der Gilaspecht hackt sich durch die wächserne Haut sogar eine Höhle in den Stamm, worin es im Sommer zehn Grad kälter ist als draußen – eine klimatisierte Wohnung zum Nulltarif! Der Saguaro ist aber auch eine heiß begehrte Dekopflanze. Da er so langsam wächst und selten ist, ist er strengstens geschützt und wer es wagt, eine Pflanze im Nationalpark zu stehlen, dem droht Gefängnis!
„City of Gastronomy“ Mit diesem Titel wurde Tuscon 2016 als erste US-amerikanische Stadt überhaupt von der UNESCO gekürrt
Tucson - alles andere als Wüste
Tucson, ungefähr eine Autostunde von der mexikaischen Grenze entfernt am Fuße der Catalina Mountains gelegen, ist die größte Stadt im Süden Arizonas und die Sonne scheint hier satte 350 Tage im Jahr. Neben der westlichen Kultur ist Tuscon auch stark von spanischen und mexikanischen Einflüssen geprägt. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die Gegend um Tuscon die längste durchgehend besiedelte Region des amerikanischen Kontinents ist.
„City of Gastronomy“
Mit diesem Titel wurde Tuscon 2016 als erste US-amerikanische Stadt überhaupt von der UNESCO gekürt. Wir fragen uns, wie eine Stadt mitten in der Wüste zu solch einer Auszeichnung kommt. Ein Umstand, der zu dieser Auszeichnung beitrug war, dass Tuscon als „Farm Village“ (Bauernhofdorf) mit 300 Jahren in ganz Nordamerika die längste Agrargeschichte nachweisen kann. Zudem hat sie (wie auch der Saguaro) einige Tricks entwickelt, in dieser unfruchtbaren Region überhaupt eine erfolgreiche Landwirtschaft aufzubauen. Lokale Betriebe engagieren sich, um das Projekt nachhaltiger Esskultur bekannt zu machen. Zum Beispiel hat Don Guerra den James Beard Award (er gilt als der „Oscar der Köche“) als bester Bäcker der USA nach Tuscon geholt. Er backt nach traditioneller Methode und ohne Zusatzstoffe mit Mehl aus alten Getreidesorten. Für unseren verwöhnten deutschen Brot-Gaumen bleibt bei der Verkostung noch ein wenig Luft nach oben …
Misson Garden – Tasting History
Das gemeinnützige Projekt Mission Garden verdankt seinen Namen dem umfriedeten Garten europäischer Siedler, die sich vor den Übergriffen amerikanischer Ureinwohner schützen wollten. Seit 2012 werden hier alte Getreide-, Gemüse und Fruchtarten angebaut, die die landwirtschaftliche Geschichte dieser Region dokumentieren sollen. Der Anthropologe Kendall Kroesen führt uns durch die verschiedenen Abteilungen, in denen heute - nicht auch zuletzt mit alten Sorten - für eine nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft experimentiert wird.
Die Mission San Xavier del Bac wird auch als "weiße Taube der Wüste" bezeichnet und ist eine alte spanische Missionskirche. Ihr einzigartiger Altaraufsatz und die eindrucksvollen Wandmalereien machen sie zu einem beliebten Touristenziel. Tatsächlich ist sie die älteste katholische Kirche der Vereinigten Staaten, in der noch heute Gottesdienste stattfinden.
Legendäre Flugzeugsammlung
Über 300 Flugzeuge und Hubschrauber sind im Pima Air & Space Museum zu bestaunen, welches eines der größten Luftfahrtmuseen der Welt ist. Das trockene Wüstenklima sorgt in der letzten Ruhestätte älterer Flugzeuge dafür, dass die Oldies sich noch lange Zeit gut halten, auch wenn im Außenbereich die intensive Sonneneinstrahlung die Farbe etwas ausbleichen lässt. Einige der historischen Flugzeuge haben viel zu erzählen, wie zum Beispiel die Air Force One von J. F. Kennedy, eine F 14 Tom Cat, bekannt aus dem Kinofilm Top Gun oder ein Teil des Spaceshuttles. In direkter Nähe befindet sich auch ein Friedhof für ausrangierte Flugzeuge, da die Maschinen im Wüstenklima nicht rosten und als Ersatzteillager dienen.
Im Pima Air & Space Museum stehen 300 Flugzeuge Bild: Aniko Berkau
Ab in die Berge
Wir wollen wissen, was die Einheimischen in ihrer Freizeit machen. Bei der Hitze wünscht man sich doch nichts sehnlicher, als im klimatisierten Heim zu ruhen. Weit gefehlt! Hier packt man den Picknickkorb, wirft die Wanderschuhe ins Auto und ab geht´s in die Berge, von denen die Stadt umgeben ist. Wir fahren in die „Catalinas“, deren höchste Erhebung der Mount Lemmon (2.791 Meter) ist. Irgendwie fühlt es sich falsch herum an… Je höher wir kommen, desto grüner wird es, desto höher werden die Bäume. Bei uns nimmt die Vegetation ab, je höher es in die Berge geht. Auf ungefähr 2.500 Meter Höhe halten wir dann im Örtchen Summerhaven, welches im schattigen Wald liegt. An einem angelegten Feuerplatz machen wir es uns gemütlich und verdrücken die mitbrachten Sandwiches. Nach der Stärkung ziehen wir uns feste Schuhe an und wir laufen einen Teil des Arizona Scenic Trails. Dieser ist unglaubliche 800 Meilen, also rund 1.290 Kilometer, lang.
Sterngucker
Die Bergwelt Arizonas ist vermutlich auch der beste Ort, um sich in die Sterne zu verlieben. Nach Einbruch der Dunkelheit besuchen wir Victor auf seiner kleinen Sternwarte. Bis vor seiner Pensionierung war er Leiter eines Planetariums. Nun erklärt er Leuten wie dir und mir anschaulich den Sternenhimmel. Er lässt uns geduldig durch sein Teleskop sehen und nachvollziehen, was er uns vorab geschildert hat. Leider konnten wir wegen eines nahe gelegenen Waldbrandes nicht so viele Dinge sehen, wie erhofft, aber einiges ist dann doch hängengeblieben: zum Beispiel, dass wir unsere Planeten nie abends, sondern erst morgens sehen können, dass das Teleskop sich mit der Geschwindigkeit der Erde von Ost nach West bewegt, wir finden Vega (den hellsten Stern am Nachthimmel), der 26 Lichtjahre entfernt ist, und verlängern wir die die Achse des Großen Wagens, so stoßen wir auf den Polarstern, der immerhin 700 Lichtjahre entfernt ist – Vega wird in 26.000 Jahren dann an diese Position rücken und der „neue“ Polarstern werden. Also jede Menge spannende Informationen!
Kunst in der Wüste
Schon immer zog es Künstler zu den Orten, wo außergewöhnliche Lichtverhältnisse herrschen. Ettore (Ted) DeGrazia war einer von ihnen und einer der teuersten seiner Zeit. Er wohnte und lebte mit seiner Frau Marie in seiner „Gallery in the Sun“, die er mithilfe seiner indianischen Freunde mittels uralter Bautechnik erschuf. Der Eingangsbereich sieht aus wie der Eingang einer alten Mine (sein Vater arbeitete in einer Kupfermine), der Boden besteht aus abgestorbenen Kakteen und Glaseinsätzen. DeGrazia fing mit seiner Malerei 1920 an. Um 16.00 Uhr erklärte er den Tag für beendet und schlief bis um 22 ode 23 Uhr. An vielen Bildern malte er dann bis um 4.00 Uhr morgens, weshalb er auf seinen Werken in der Signatur auch die nächtliche Uhrzeit vermerkt hat. Oft ließ er auf seinen Werken gewöhnliche Details weg, damit der Betrachter seiner Fantasie Platz lassen konnte. So fehlen zum Beispiel oft die Gesichter von Personen. In seinen letzten Werken stellt er gerne die alten Mythen und Legenden Papago Indianer dar, wie Ho´ok, eine alte Hexe, die Kinder stiehlt, um sie zu verspeisen.
Ein anderer berühmter Künstler war Frank Lloyd Wright (1869-1959), Architekt des New Yorker Guggenheim Museums und des berühmten Privathauses Fallingwater in Pennsylvania. Er ließ seine Studenten sein Winterquartier Taliesin West errichten, das sich geschmeidig in die Landschaft einfügt.
Mission San Xavier del Bac wird auch als "weiße Taube der Wüste" bezeichnet Bild: Aniko Berkau
Scottdale – das St. Tropez Arizonas
Wir fahren weiter in eine der attraktivsten Orte der Metropolregion, das Golfer-Mekka Scottsdale. Scottsdale präsentiert sich seinen Besuchern mit einem begrünten Innenstadtbereich, charmanten Einkaufsstraßen, zahlreichen Kunstgalerien, Restaurants mit kreativer Küche und einem lebhaften Nachtleben. Auch hier gilt: Die Berge, Flüsse und die üppige, mit Kateen besetzte Landschaft sind ideale Spielwiesen für alle Arten von Outdoo-Spaß: Kajaking, Reiten, Golfen oder Wandern oder Mountain-Biken. Zu einer Reise nach Scottsdale gehört unbedingt eine Visite in einem der vielen Luxusresorts und Wellnesszentren. Wir haben uns für ein älteres Resort mit Geschichte entschieden, das JW Marriott Scottsdale Camelback Inn Resort & Spa, in dem schon Präsidenten logiert haben. Der Name ist seiner Lage am Fuße des Camel Back Mountains geschuldet, der sich wie der Rücken eines Kamels erhebt. Hier kann man nach einem ergiebigen Shopping-Tag in der Stadt die Füße hängen und die Seele baumeln lassen.
Abenteuer: Heißluftballonfahrt mit Champagner
Wer das Abenteuer sucht, aber seine Kräfte in der Hitze schonen möchte, dem können wir eine Fahrt im Heißluftballon empfehlen. Kleiner Wermutstropfen zu Beginn: Man muss früh aus den Federn! In aller Herrgottsfrühe werden wir vom Hotel abgeholt und dann heißt es erst einmal: Lage checken. Denn eine Fahrt im Heißluftballon ist abhängig von den Windverhältnissen und so beobachten wir erst einmal einige Wetterballons, die in den Himmel aufsteigen und dem Piloten nützliche Informationen für die Fahrt liefern. Das Erlebnis beginnt schon bevor wir in den Himmel steigen. Die Crew lädt die Ballons von den Hängern und wir sehen zu, wie die kalte Luft in den Ballon geblasen wird und der sanfte Riese zum Leben erwacht. Fast unmerklich heben wir ab und blicken aus einer neuen Perspektive auf die unter uns liegende Wüstenlandschaft. Und auch unsere alten Bekannten sehen wir von hier oben: Die Saguaros, die uns von unten mit ihren stacheligen Armen zuwinken. Die Sonne steigt mit uns auf und wir denken an all die Künstler, die dieses Bild in ihren Werken festhalten würden. Bei uns haben die Impressionen jedenfalls einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Das Beste kommt zum Schluss…
… zumindest, was das Kulinarische der Reise angeht. Wir speisen in unserem Hotel im „Lincoln Steakhouse“. Der Chef John Fraser, der zuvor lange Jahre in San Francisco gekocht hatte, freute sich, dass er sich einmal so richtig „austoben“ konnte Wir hatten keine Bestellung à la Carte, sondern eine Überraschung geordert. Er ließ es sich nicht nehmen, uns seine wundervollen Gerichte selber zu servieren und uns zu erklären, was wir auf den Tellern haben. Ohne viel „Schickschnack“ eine absolut ehrliche Küche, die mit einer Meeresfrüchte-Platte eröffnete. Austern, pochierte Riesenkrabben, Thunfisch und Jakobsmuscheln. Dazu eine Käse- Schinken-Auswahl und Schnecken neben Hummer in einer Gusseisenform gebacken. Das Entrée war schon der Wahnsinn, aber bei der Hauptspeise war der passionierte „Grillmeister“ voll in seinem Element: Japanisches Wagyu-Rind (Tomahawk) und ein Porterhouse-Steak vom Lincoln Red garten mehrere Stunden bei 1.200 Grad im Josper Charcoal-Ofengrill. Das Ergebnis war so zart, dass es auf unserer Zunge zerschmolz. Selbstverständlich waren alle Dips selbstgemacht und in Kombination mit dem herrlichen Fleisch eine Geschmacksexplosion. Herzlichen Dank für das Gedicht, John, besser konnte die Reise nicht enden!
Mehr Informationen:
Saguaros – eine Kostbarkeit in der Wüste Bild: Aniko Berkau
Der gemeinhin als "Schwiegermutter-Sitz" bezeichnete Kaktus Bild: Aniko Bwerkau
Abenddämmerung in der Sonora nahe Tucson Bild: Aniko Berkau
Im Lincoln Steakhouse - Der Chef John Fraser Bild: Aniko Berkau
Steaks m Lincoln Steakhouse Bild: Aniko Berkau
Die roten Felsen bei Sedona
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